Trumps „strategische Unsicherheit“ setzt US-Wirtschaft weiter zu


Versucht verzweifelt gute Stimmung zu machen: US-Finanzminister Scott Bessent
Foto: Jose Luis Magana / APIm Marketing sind US-Amerikaner oft sehr bewandert. Ob die Begründung von Finanzminister Scott Bessent (63) vom Dienstag, „strategische Unsicherheit“ sei nun einmal Teil von Zollverhandlungen, die aktuellen Zollsorgen von US-Unternehmenslenkern beschwichtigen dürfte, ist indes mehr als fraglich.
Nach mehreren Tagen steigender Kurse kamen am Dienstag wieder vermehrt warnende Signale von US-Unternehmen, die die Kurse an den US-Börsen sinken ließen. So rechnet der Autobauer Ford mit Belastungen in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar durch die Zölle. Und verzichtete angesichts der Unsicherheit auf eine Prognose. Auch der Spielzeughersteller Mattel wollte angesichts der aktuellen Lage keine Aussage über die Zukunft treffen.
Zwar hatte Bessent den Abschluss möglicher Handelsabkommen am Dienstag noch für den Lauf der Woche in Aussicht gestellt. Details dazu, um welche Länder es sich handelt, gab er allerdings nicht bekannt. Seinen Aussagen zufolge verhandeln die USA derzeit mit 17 größeren Partnern. Verhandlungen mit China gibt es ihm zufolge allerdings bislang keine.
Dabei haben die Zolldrohungen bereits Folgen für die US-Handelsbilanz. Laut am Dienstag vom US-Handelsministerium veröffentlichten Zahlen stieg das US-Handelsdefizit angesichts vorgezogener Importe im März auf einen Rekordwert von 140,5 Milliarden Dollar. Ein Plus von satten 14 Prozent.
In Europa stellen sich EU-Kommission und Großbritannien indes auf die neuen Realitäten ein. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge erwägt die EU für den Fall, dass keine Einigung im Zollstreit mit den USA erzielt wird, zusätzliche Zölle auf US-Waren im Wert von 100 Milliarden Dollar.
Am Mittwoch sollen den Mitgliedsländern demnach entsprechende mögliche Vergeltungsmaßnahmen vorgestellt werden. Bis zu einer Entscheidungsfindung über eine endgültige Liste dürfte es demnach allerdings noch mindestens einen Monat dauern, berichtete die Nachrichtenagentur weiter unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Kreise.
„Wir fühlen uns nicht schwach“, betonte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič (58) am Dienstag vor dem Europäischen Parlament. Es müsse keine Lösung akzeptiert werden, die für die EU-Seite nicht fair wäre, erklärte er und verwies auf großes Interesse in unterschiedlichen Wirtschaftsregionen. So gebe es bereits mit Indien, Indonesien, Thailand und Malaysia Verhandlungen über Freihandelsabkommen. Diese laufen zum Teil aber schon seit vielen Jahren, ohne dass zuletzt eine schnelle Einigung absehbar war.
Die neuen US-Zölle von Präsident würden derzeit 70 Prozent der europäischen Exporte in die USA betreffen, sagte Sefcovic vor Abgeordneten im EU-Parlament. Es könnten 97 Prozent werden, sollten weitere Branchen ins Visier genommen werden. Die USA drohen unter anderem noch mit Sonderzöllen auf Pharmaprodukte und Halbleiter.
Großbritannien und Indien gaben indes am Dienstag den Abschluss eines weitreichenden Freihandelsabkommens bekannt. Es handele sich um ein „ehrgeiziges und beiderseitig“ vorteilhaftes Abkommen, das dazu beitragen werde, „Handel, Investitionen, Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Innovation in unseren beiden Volkswirtschaften zu fördern“, erklärte der indische Regierungschef Narendra Modi (74) am Dienstag im Onlinedienst X. Der britische Premierminister Keir Starmer (62) sprach von einer „richtungsweisenden“ Einigung.
Mit dem Abkommen sollen 85 Prozent der indischen Zölle auf britische Einfuhren innerhalb der nächsten zehn Jahre auf null heruntergefahren werden. Importaufschläge auf Whisky und Gin werden von 150 Prozent auf 75 Prozent verringert, nach zehn Jahren sollen sie dann nur noch 40 Prozent betragen. Zölle auf britische Autos sollen bis zu einer nicht näher angegebenen Quote von mehr als 100 Prozent auf 10 Prozent sinken. Im Gegenzug wird Großbritannien Zölle auf Einfuhren von Kleidung, Schuhen und Lebensmitteln wie gefrorenen Garnelen aus Indien senken.
Wirkliche Jubelsprünge löste die Nachricht an der britischen Börsen angesichts der angespannten Weltlageallerdings nicht aus.
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